smart repair

Für heute habe ich mir den Wecker gestellt, um mich um den Kadett zu kümmern. Natürlich habe ich verschlafen und schmunzle noch immer ein wenig über die gute Erziehung meines Autos. Hat er mich doch glatt (um ein Haar) nach Hause gebracht. Wir dürften sogar die ersten gewesen sein, alle anderen hatten es deutlich weiter.

Ich schüttle mir eben die Müdigkeit aus den Augen und rufe dann ganz seriös beim ADAC an. Die Dame spricht von 60min. Ich werfe mich aufs Sofa, gucke einen Film und überbrücke so die dreistündige Wartezeit. Zum Glück muss ich nicht irgendwo in der Pampa warten. Als der gelbe Engel kommt, ist die Freude groß. Ein begeisterter Opelaner. Für Gesprächsstoff ist also erstmal gesorgt. In der Werkstatt werden wir belächelt. Dass der Kadett mit dem ADAC anreist, hätte wohl nie jemand gedacht.
Jetzt wirds aber ernst – der Kadett muss laufen! Es soll schließlich zurück in die Alpen gehen. Die linke Antriebswelle ist schnell als Übeltäter entlarvt, denn vom Gelenk ist nichts mehr übrig. Ich kapiere nicht wie das so lange halten konnte, seit wir in Ingolstadt waren. Ich lasse direkt beide Antriebswellen tauschen und koche etwas Kinderpunsch für die Mannschaft um dann den Streitwagen wieder in Empfang zu nehmen. Er fährt sich wieder ganz wunderbar & das gute Sorglosgefühl ist zurück!

immer weiter, immer weiter

Die Nacht im Kadett war wie gewohnt ganz wunderbar. Selbst von der Straße habe ich nichts mitbekommen, was vermutlich auch daran liegen dürfte dass ich die Nacht zuvor nicht geschlafen habe. Zum Frühstück gibt es Zahnpasta, Wasser und sonst leider nix. In der Nacht haben wir nämlich sämtliche Vorräte vertilgt. Nun geht es aber weiter, denn anstatt Münster haben wir bereits ein neues Ziel auserkoren.

Wie ich das Auto anwerfe, sehe ich allerdings schwarz. Die Ladekontrolllampe leuchtet ganz munter und ich befürchte dass der seit 4.000km kreischende Keilriemen gerissen ist. Ein Blick unter die Haube bestätigt das & ich fahre einfach mal los, irgendwo wird es schon eine Werkstatt geben. Ersatzteile und Werkzeug liegen nämlich zu Hause. Am Straßenrand halte ich um nach einem Opelhändler zu googeln. Ein Blick nach links aus dem Fenster und ich muss lachen, denn ich habe direkt neben einem Opelhändler gehalten. Der Meister winkt in Sachen Ersatzteile ab, gibt mir aber einen Tipp. Dort bekomme ich tatsächlich den passenden Riemen & fahre zurück zu Opel. Um den Einbau kümmert sich der Meister selbst & möchte dafür kein Geld sehen. Also fülle ich die Kaffeekasse, bedanke mich & nun aber ab auf die Autobahn.

patt Problem!

In einem Vorort von Taroudannt halte ich schließlich an einer Tankstelle mit Werkstatt – er kann nicht helfen und schickt mich in die Stadt. Dort angekommen nochmal dasselbe Spiel und beim dritten Versuch einige ich mich mit dem Chef der Reifenwerkstatt auf „patt problem!“ und er klemmt sich hinters Telefon. Den Kadetten lasse ich derweil mitten auf der Straße stehen und warte keine 5 Minuten, bis ein junger Bursche vorbeikommt, nicht lange fackelt und den kaputten Kupplungszug ausbaut.

Die Überreste übergibt er mir und sagt, ich solle einen neuen besorgen. So schnell er kam, ist er auch schon wieder verschwunden. Eigentlich hatte ich auf eine afrikanische Lösung gehofft – aber einen neuen Kupplungszug? Für einen Opel Kadett? In Marokko? Beim ersten Teiledealer frage ich nach – sie schüttelt heftigst den Kopf, empfiehlt mir aber einen Laden ein Stück weiter. Dort angekommen sehe ich in diesem winzig kleinen Laden allmöglichen Müll, mit dem man sein Auto verzieren kann, aber reingarnichts, das bei einer Autoreparatur nützlich sein könnte. Er guckt den Zug an, identifiziert ihn als Opelteil noch ehe ich etwas sagen kann und dreht sich um – mehr Platz bietet der Laden nicht. Er zieht einen neu verpackten Kupplungszug aus einem Müllhaufen, vergleicht die beiden und siehe da – es ist genau der, den ich brauche. Auf dem Etikett steht „Opel Kadett“. Ich bin ganz baff und komme mir etwas schäbig vor, als ich um den Preis feilsche. Mehr als 2DH kann ihn aber nicht drücken – wir beide scheinen ganz genau zu wissen dass ich ihn so oder so kaufen werde. Lächerlich günstig war er aber trotzdem.

Zeitgleich mit dem Mechaniker treffe ich am Auto ein und er baut ihn mit seinem Kollegen mitten auf der Straße eben ein, wir einigen uns auf einen fairen Preis für seine Dienste und ich fahre davon.

Der ganze Spaß inkl. Teilebeschaffung hat gerademal 45min. gedauert. „Patt Problem!“ in seiner Höchstform & nie im Leben hätte ich daran geglaubt, irgendwo in Nordafrika einen Kadett Kupplungszug zu finden. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, es mit DHL Express abzuwickeln.

tizi n’test opfer

Nun kehren wir endlich Marrakech den Rücken und fahren über den Hauptatlas nach Agadir. Die Passstraße geht auf über 2000m und schlengelt sich unter anderem an Marokkos höchsten Berg vorbei.

Großteils ist die Straße nur einspurig und stellenweise unbefestigt. Zahlreiche Erdrutsche und die harten Winter hinterlassen eine recht abenteuerliche Strecke.
Insgesamt sind es rund 100km und wie es der Teufel will vernehme ich bei den ersten Kilometern einen unschönen Schlag und mein Kupplungspedal macht die Fliege.
Der Kupplungszug ist gerissen und wie soll es auch anders sein – direkt vor einer Kehre wo es steil nach oben geht. Ich kann uns noch in eine Bucht retten und suche auf der Straße schonmal die Überreste. Kurz überlege ich und komme recht schnell zu dem Schluss, dass ich ohnehin nix machen kann. Ich habe weder Werkzeug dabei, noch Ersatzteile oder gar praktisches Gedöns wie Draht.

So beschließe ich dass wir den Pass eben ohne Kupplung fahren – dann kann sich mein Linker Fuß ausruhen und mit Zwischengas, etwas Gefühl und manchmal roher Gewalt schaffen wir das locker.
Die Strecke ist bombastisch, hinter jeder Kehre zeigt sich ein neues Landschaftsbild und die Aussichten sind spektakulär! Wahnsinnig schade dass wir nicht einfach so anhalten können um all das zu genießen – fast den gesamten Pass fahren wir im Dritten Gang und ich quäle den alten Knaben so gut es geht. Angefahren wird mit Kraft des Anlassers, gebremst am besten nie und das letzte Stück bis ins nächste Städtchen kann ich sogar bis in den 5. schalten – tatsächlich hält uns so gut wie nichts auf.